#regrettingmotherhood – ein Hashtag der große Wellen schlägt und ein Thema, das viele Frauen, besonders Mütter, spaltet. Es geht darum, dass Frauen bereuen, Mutter geworden zu sein. Sarah Fischer behandelt in ihrem Buch „Die Mutterglück-Lüge“ genau dieses Thema und erzählt unverblümt, warum sie lieber Vater als Mutter geworden wäre. Genau das ist das erste Thema unseres Projekts #MamiMitWort, das ich gemeinsam mit meinen Blogger-Kolleginnen Ari, Katharina und Christina ins Leben gerufen habe. Ab sofort wird es jeden Mittwoch einen Beitrag zu einem von uns ausgewählten Thema geben, ich freue mich sehr darauf.
Mama zu werden wirft das eigene Leben ganz schön aus der Bahn. Auch ich musste eingestehen, dass das alles (zumindest am Anfang) weniger mit der romantischen Vorstellung einer Bilderbuch-Familie zu tun hat, die Abends zusammen auf dem Sofa kuscheln bevor sie dem Kind am Bett eine Geschichte vorlesen und morgens gemeinsam Frühstück zubereiten um im Anschluss einen lustigen Familienausflug zu machen.
Nach der Geburt wird man überrannt von seinen Gefühlen: Freude, Erleichterung, Glück, Liebe, Liebe, Liebe und Angst. Angst davor, etwas falsch zu machen und Angst, dass dem kleinen Wesen, für das man plötzlich Gefühle entwickelt, die man noch nie in seinem Leben gespürt hat, etwas passieren könnte. Man weiß nicht wohin mit all diesen Gefühlen, ich hatte noch im Krankenhaus ein Wechselbad aus Lachen und Weinen – alles völlig normal.
Sobald man wieder zuhause ist, stellt so ein Baby alles auf den Kopf. Man kommt zu gar nichts mehr, Haushalt, Essen, Duschen – das bleibt liegen und man muss sich und seinen Alltag neu sortieren. Für den Mann beginnt meist der Arbeitsalltag wieder und somit ändert sich nicht ganz so viel für ihn. Plötzlich merkt man, dass man ganz schön viel alleine bewältigen muss und viele frisch gebackene Mamas fühlen sich von ihrem Partner zu wenig unterstützt. Nach und nach kommen dann Unzufriedenheiten dazu, zum Beispiel wegen des eigenen Körpers, der natürlich nach einer Geburt nicht mehr gleich so knackig ist, wie davor, wegen der wenigen Zeit, die man für sich selbst und für die eigenen Pflege hat. Friseurtermine oder Kosmetikerin? Alles schon eine Ewigkeit her. Oft fühlen sich Frauen dann auch überfordert, weil sie merken, dass sie mit dem Haushalt nicht hinterher kommen. Ich musste erst lernen, mit gutem Gewissen auch mal einfach etwas liegen zu lassen.
Zu chronischem Schlafmangel und Dauerstress kommt natürlich dazu, dass mit einem Baby weniger Zeit für Zweisamkeit und schöne Stunden als Paar bleiben. Das Kind braucht volle Aufmerksamkeit und Abends sind Mamas oft so erschöpft und fühlen sich mit Brei und Babyspucke auf der Kleidung und im Haar auch nicht gerade besonders sexy. Auch langes Ausschlafen am Wochenende und kleine romantische Kurztripps fallen erstmal flach. An diese Situation muss man sich erstmal gewöhnen und beide müssen daran arbeiten, dass man sich wenigstens eine kurze Zeit als Mann und Frau gönnt, nicht nur als Mama und Papa.
Wenn das Kind dann etwas älter wird und vielleicht in die Krippe oder in den Kindergarten kommt, verspüren viele Frauen dann den Drang wieder arbeiten gehen zu wollen. Doch das ist – und da spreche ich leider aus eigener Erfahrung – gar nicht so einfach, wie man sich das kinderlos vorstellt. Auch der Druck von aussen ist enorm. Bleibt man zuhause, gibt seine eigene Karriere auf und kümmert sich um Kind, Haushalt und Co, dann ist man die „Hausfrau“, die nichts arbeitet. Geht man schnell wieder vollzeit arbeiten und das Kind in die Krippe, dann ist man die Rabenmutter, die ein Kind in die Welt setzt und es dann abgibt. Arbeitet man halbtags, so ist man in der Arbeit trotzdem die „Mutter“ die immer aufs Handy schaut, falls die Krippe anruft oder irgendetwas sein sollte. Es ist also nicht so leicht und man braucht ein dickes Fell. In einigen Familienkonstellationen ist es gar nicht mehr möglich, dass die Frau nach einer oder mehreren Schwangerschaften überhaupt noch großartig Karriere macht.
Das ist auch ein großer Aspekt, den Sarah Fischer in ihrem Buch anspricht. Sie erzählt, wie ihr eigenes, selbstbestimmtes Leben mit der Geburt ihrer Tochter verloren ging und sie in eine Mutterrolle gezwungen wurde, in der sie ihre eigenen Bedürfnisse komplett hinten anstellen und sich aufopfern musste.
JA, es ist eine wahnsinnig große Umstellung. JA, man sollte die Augen vor der Tatsache nicht verschließen, dass eine Mutterschaft manchmal auch negative Seiten mit sich bringt und man vor neuen Herausforderungen steht und JA es ist auch völlig ok, darüber zu sprechen, seinen Gefühlen Worte zu verleihen und zuzugeben, dass es nicht immer das schönste der Welt ist, eine Mutter zu sein. ABER: Für mich persönlich überwiegen die schönen Erlebnisse mit meinem Sohn und machen all die schlaflosen Nächte, die Trotzphasen und die anstrengenden Tage wieder gut. Wenn ich morgens aufwache und mich eine kleine Grinsebacke anlächelt und ganz laut „MAMA“ sagt, wenn er seine süßen kleinen Ärmchen schlaftrunken um mich wirft und mir einen großen Schmatzer aufdrückt, wenn ich ihn kitzle und er fast keine Luft mehr bekommt vor lauter Lachen, wenn wir Spazieren gehen und ich seinen neugierigen Blick sehe, wenn er etwas neues lernt, wenn ich ihm zusehe, wenn er mit unserem Hund Anton spielt und die beiden in ihrer eigenen kleinen Welt sind, wenn ich merke, dass er Dinge selber ausprobieren möchte und jeden Tag etwas Neues lernt – all das und noch viel mehr sind die Momente, die mich mit wahnsinnig viel Glück und Stolz füllen und ich einfach nur dankbar bin für mein kleines Mini-Me.
Grundsätzlich bin ich total für Meinungsfreiheit und finde es einerseits auch mutig, dass sich Frauen trauen, über das Thema #regrettingmotherhood zu sprechen, da es anscheinend viele Frauen gibt, die gleich fühlen. Allerdings finde ich, dass die leidtragenden wieder die kleinsten und schwächsten sind, nämlich die Kinder. Irgendwann wird die Tochter von Sarah Fischer das Buch lesen und sich ganz sicher denken, sie sei nicht gewollt, ihre Mutter wäre besser ohne sie dran und sich fragen, ob ihre Mutter sie – auch wenn sie das behauptet – überhaupt liebt. Solche Gedanken können ein kleines Mädchen ganz schön aus der Bahn werfen und bleibende Schäden anrichten. Ich finde das wahnsinnig traurig und rücksichtslos der Tochter gegenüber.
Wie steht ihr zu dem Thema und was sagt ihr dazu, dass manche Mütter das so an die Öffentlichkeit tragen? Ich bin gespannt auf eure Meinungen.
Lena says
Schön geschrieben wieder!
Ich bin zwar selber (noch) keine Mama, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man es bereuen kann…
Mit dem Druck von außen muss wahrscheinlich jeder seinen eigenen Weg finden, kommt natürlich auch drauf an, ob man das Geld aus einem Vollzeitjob braucht oder nicht, z.B.
Und dass die Kleine mal das Buch lesen wird, darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Aber wenn es soweit ist, möchte ich weder die Mutter, noch die Tochter sein. Furchtbare Vorstellung!
Diana says
Wow ein sehr beeindruckender Beitrag. Nachdem ich seit gut 26 Jahren Mama bin, habe ich es aber nicht ein einziges mal bereut. Das hier schreibe ich nicht, weil du meine Tochter bist, sondern weil ich dich in mein, nicht immer einfaches Leben so integriert habe, dass es für dich und auch für mich passt. Nicht immer kann man als Mum das Optimum geben und das sollte vielen jungen Müttern heutzutage mal klar werden. Ich bin überzeugt davon, dass auch dir nicht jeder Tag an meiner Seite gefiel. Dennoch habe ich nie darüber nachgedacht, dass ich mit 25 Jahren nicht in Discotheken rumgehüpft bin oder mittlerweile mir eine kleine Villa hätte kaufen können für das Geld, dass ich mir die ganzen Jahre mit dir geteilt habe. Kinder werden in eine Welt hineingeboren, worüber sie keine Erfahrungen haben. Es liegt an den Eltern und insbesondere an den Müttern, ihren Kindern den Lebensweg zu zeigen. Ein Familienbett, dass in unserer Zeit angeblich sehr gut für den Zwerg sein soll, jedoch vielleicht nicht gerade in jede Ehe passt muss einfach nicht auf biegen und brechen vollzogen werden. Das erkennen viele erst, wenn sie ihre Kinder wieder aus dem Bett bekommen wollen. Wenn aus beruflichen Gründen die Flasche gegeben werden muss und man nicht über lange Zeit stillen kann, zeigen heutzutage viele mit dem Finger auf die Mutter, dem Kind ist das aber vollkommen egal. Eine liebevolle, entspannte und gut gelaunte Mum ist allemal mehr wert, als ein super perfektes Mutterfrack, dass Bücher über bedenkliche und kurzzeitige Reue schreibt und zu alle dem noch die Vaterolle beneidet. Vater sein ist toll, ‚Mann‘ braucht nur in seine Arbeit zu gehen, kann die Nacht im Gästebett durchschlafen und geht mit seinen Kumpels, wann immer er will einen Trinken. Weit gefehlt, meiner Meinung nach. Als Vater bin ich der Versorger der Familie, der Druck nicht zu versagen, damit mein Chef immer zufrieden ist und ich die nächste Gehaltserhöhung bekomme. Die Angst den Arbeitsplatz zu verlieren und die Familie finanziell darunter leiden zu sehen. All das und noch viel mehr beschäftigen einen Mann. Ganz zu schweigen vom fehlenden Liebesleben, das dem Vater genauso fehlt wie der Mum. Nein, beide haben ihre Positionen in einer Ehe und beide ihre Sorgen und dennoch sollte niemals Reue auch nur Ansatzweise aufkommen. Die Kunst ist es, sein Leben mit Zwerg zu gestalten und nicht dem Zwerg ein Leben zu Füßen zu legen. Und alles kann man sowieso nicht richtig machen. Aber jeden Tag wenn ich dich sehe und dir liebevoll zuschaue, wie du deine Rolle als Mutter lebst, bin ich jeden Tag aufs Neue stolz auf dich und weiß, dass du meinen Enkel begleitest auf dem Lebensweg ein genauso wundervoller Mensch zu werden, wie du es geworden bist. Und bereut… nein, habe ich es nie und wenn du mich heute fragen würdest, ob ich genau den selben Weg nochmal mit dir gehen würde, dann würde ich dir sagen, ja weil du das größte und wertvollste Geschenk in meinem Leben bist.
Ich liebe dich
Deine Mum
Pazi says
Ich liebe dich auch <3 <3 <3
Magdalena says
Hallo, ich habe meine Antwort auch unter die anderen posts geschrieben, denn ich finde sie alle ziemlich eindimensional. Zunächst ist es für ein Kind natürlich später zunächst schlimm zu lesen dass die mutter es bereut Mutter geworden zu sein. Aber wie noch viel schlimmere Sachen in einer Familie wird man auch dies auf- und verarbeiten können, wenn die Familie damit offen und reflektiert umgeht. Und ich denke eine Mutter die sich zu dem drastischen Schritt entschließt diese, ihre Gedanken öffentlich zu machen wird dementsprechend reflektiert sein. Wer weiß zudem ob sie wirklich so heißt und auch wirklich selber öffentlich auftritt?!
Nun zu dem inhaltlichen. Ich finde es schwierig einen kritischen Artikel zuschreiben mit der Quintessenz dass man es nicht versteht. Das ist für dich/euch persönlich toll, beneidenswert und ich freue mich für euch/dich. Leider Hallo, ich denke ich werde meine Antwort auch unter die anderen posts schreiben, denn ich finde sie alle ziemlich eindimensional. Zunächst ist es für ein Kind natürlich später zunächst schlimm zu lesen dass die mutter es bereut Mutter geworden zu sein. Aber wie noch viel schlimmere Sachen in einer Familie wird man auch dies auf- und verarbeiten können, wenn die Familie damit offen und reflektiert umgeht. Und ich denke eine Mutter die sich zu dem drastischen Schritt entschließt diese, ihre Gedanken öffentlich zu machen wird dementsprechend reflektiert sein. Wer weiß zudem ob sie wirklich so heißt und auch wirklich selber öffentlich auftritt?!
Nun zu dem inhaltlichen. Ich finde es schwierig einen kritischen Artikel zuschreiben mit der Quintessenz dass man es nicht versteht. Das ist für dich/euch persönlich toll, beneidenswert und ich freue mich für euch/dich. Leider ist es nicht immer so einfach. Und es gibt noch viel mehr ebenen und facetten als nur die klassische Rollenverteilung und was dazu gehört. Zu dem möglichen Verlust der eigenen Identität gehört doch noch viel mehr. Ich kann nur von mir schreiben. Ich habe mir mein Kind sehr gewünscht, liebe es abgöttisch und tue alles für sie. Und trotzdem gibt es Abende an denen ich wach liege und mich frage, ob es für mich und mein Leben die richtige Entscheidung wäre, und dass ich vielleicht mit meinem jetzigen wissen eine andere getroffen hätte. Eben WEIL ich sie so sehr liebe. Ich habe so wahnsinnige Angst nicht gut genug aufzupassen, dass ihr was passieren könnte, dass ich ihr nicht 100% gerecht werden könnte, dass es ihr an etwas fehlen könnte. Vor allem die Sorge ist eine Belastung, und sie wird niemals aufhören. Dazu kommt für mich dass es mir einerseits wahnsinnig fehlt zeit für mich, geschweige denn für meinen Partner zu haben. Aber dabei steht mir meine wahnsinnige sorge im weg, sodass ich sie nicht abgeben kann. Und in diesem Dilemma gehe ich als Person, Identität halt unter. Und wenn ich mir vorstelle dass ich NIE wieder so Selbstbestimmt und „verantwortungsfrei“ Leben kann bedrückt mich das etwas. Ich hoffe einfach dass es sich irgendwann einspielt und einfacher wird. Und genau daran hab ich vorher nie gedacht. Es ist nicht der schlafmangel (ich habe seit 18 Monaten nie mehr als 3 Stunden am Stück geschlafen), meine berufliche oder finanzielle Situation oder sonst irgendwelche äußerlichen Faktoren von denen ihr schreibt, damit kann und „muss“ man irgendwie umgehen. Es ist das, was die Geburt und das Leben mit Kind mit der eigenen Identität macht. Und darum ist es auch einfach falsch dass ein bereuen etwas mit der liebe zum Kind zu tun hat bzw diese irgendwie schmälert. Im Gegenteil. Und man sich selber oft genug für diese Gedanken in Frage stellt. Daher würde ich mir wünschen dass mit diesem Thema sensibler und differenzierter umgegangen wird. Und nicht immer diese „falsch“ und „unverständlich“ Keule geschwungen wird. Es ist einfach eine facette von Mutterliebe. Eine schwierige.
Sorry für diesen langen Text.
Alles gute, Magdalena
Pazi says
Liebe Magdalena, danke für deinen Kommentar. Das Thema ist ein sehr persönliches und sensibles und hier gibt es kein richtig oder falsch. Ich wollte diese Keule, die du ansprichst gar nicht schwingen, ich finde es ok, teilweise nachvollziehbar und mutig darüber so offen zu sprechen/schreiben. Allerdings tut mir das Kind einfach leid. Deine Argumentation in diesem Punkt ist schwach, denn das Kind wird irgendwie definitiv davon erfahren und selbst wenn damit offen umgegangen wird, dann kann das trotzdem einen bleibenden Schaden hinterlassen, es schwingt definitiv ein sehr fader Beigeschmack mit. Ich verstehe deine Situation, mir geht es mit der Angst, dem nicht abgeben wollen und auch mit dem Schlaf ganz genauso und es ist nicht immer einfach. Jeder geht mit diesem Thema anders um und wir wollten einfach aus vier verschiedenen Sichtweisen unsere eigene Meinung dazu äußern. Ganz liebe Grüße, Patrizia