Erst zieht es sich wie Kaugummi und man macht sich Sorgen, dass irgendetwas nicht stimmt, dann geht es so schnell, dass man fast sein Auto nicht mehr aus dem Halteverbot wegfahren kann – über die wunderschöne Geburt unseres Sohnes.
Die Qual der Hebammen-Wahl
Knapp zwei Monate vor dem errechneten Termin habe ich mich das erste Mal mit meiner Hebamme getroffen. Durch eine Empfehlung bin ich auf sie gekommen und muss sagen, dass ich wahnsinniges Glück mit ihr hatte. Nicht nur, dass ich sie vorher aussuchen und kennenlernen durfte (das geht nicht in jedem Krankenhaus), sondern auch, weil sie einfach ein ganz lieber und herzlicher Mensch ist und ich mich bei ihr immer sehr gut aufgehoben und bestens beraten gefühlt habe.
Nicht nur die Hebamme konnte ich wählen, auch mein Gynäkologe war mein entbindender Arzt. Das fand ich besonders angenehm, denn die Situation im Krankenhaus ist, gerade beim ersten Kind, völlig neu und man hat natürlich etwas Angst davor, da ist es schön, wenn man die Gesichter um einen herum schon mal gesehen und ein gewisses Vertrauen zu ihnen hat.
Für die Nachsorge nach der Entbindung Zuhause habe ich mich für eine andere Hebamme entschieden. Nicht, weil ich mit meiner unzufrieden war, sondern weil ich dachte, dass Beleghebammen vielleicht nicht immer genau dann Zeit haben, wenn ich sie brauche. Denn wenn sie spontan zu einer Geburt müssen und bei mir gerade ein Notfall ist, dann hab ich im Zweifelsfall Pech gehabt. Ich bin aber mit beiden Hebammen noch immer im guten Kontakt.
Ich würde euch empfehlen, euch früh genug nach einer geeigneten Hebamme umzusehen. Am besten ist es, wenn man andere Mamis nach Erfahrungswerten fragt. Eine gute Hebamme kann einen so toll bei der Geburt unterstützen und beratend zur Seite stehen.
Über dem Termin – und jetzt?
Wie ich euch das letzte Mal schon erzählt habe, waren die letzten Wochen der Schwangerschaft nicht mehr so angenehm. Als ich dann auch noch über dem errechneten Termin war, habe ich langsam angefangen mir Sorgen zu machen. Ich wollte eine Einleitung vermeiden und meinen Körper entscheiden lassen, wann es los geht. Auf der anderen Seite versorgt die Plazenta das Baby auch nicht ewig, das heißt, ich musste jeden zweiten Tag zur Kontrolle, um zu sehen, ob noch alles in Ordnung ist. Jedes Mal, wenn ich zum Arzt oder der Hebamme musste, hoffte ich, dass dieses das letzte Mal sein wird.
Mein Mann war auch jeden Tag in Warteposition und hat beim Training immer sein Handy an den Physiotherapeuten abgegeben, damit er ihm Bescheid geben kann, falls es los geht. Irgendwann haben wir uns echte Sorgen gemacht, warum der Kleine so perfekt liegt und der Muttermund schon seit Wochen butterweich ist, er aber einfach nicht kommen will. Stimmte vielleicht irgendetwas nicht?
Ich war ja „nur“ sechs Tage drüber, aber diese sechs Tage zogen sich wie Kaugummi. Jeden Tag haben wir zig Anrufe und Nachrichten von Freunden und Verwandten bekommen, die sich über den aktuellen Stand erkundigen wollten. Es war zwar lieb, dass so viele liebe Leute mit uns mitfieberten, aber doppelt frustrierend immer wieder das Gleiche antworten zu müssen. Das verlief dann ungefähr so:
„Uuund, wie schaut‘s aus?“
„Noch nicht da…“
„IMMERNOCH NICHT?!“
„Nein, leider noch nicht“
„Na der lässt sich aber Zeit“
„Mhhh..“
„Und wie geht‘s jetzt weiter?“
Dann hab ich immer erkärt, dass wir alle zwei Tage kontrollieren, wie lange wir warten und wie wir einleiten würden.
Was passiert, wenn‘s passiert?
In Gedanken hab ich mir meine perfekte Geburt immer wieder vorgestellt, ich wusste genau, was ich anziehen wollte, wenn wir ins Krankenhaus fahren, was ich noch vorher erledigen wollte (zum Beispiel ein Sitzdampfbad mit Heublumen) und was ich mit in den Kreissaal nehmen wollte (zum Beispiel meine Lieblings-Duftkerze.) Die Klamotten lagen draussen, die Tasche war gepackt und alles war bereit zum Abflug. Meistens kommt es aber dann doch anders (und schneller), als man denkt.
Als ich nämlich nichtsahnend am Freitagmorgen zur Routineuntersuchung zu meiner Hebamme ins Krankenhaus kam, fragte sie mich ganz erstaunt: „Sag mal…hast du gar keine Schmerzen?“ Ich lag zwar die halbe Nacht mit Wehen wach, bin aber nicht ins Krankenhaus, weil sie nicht regelmäßig kamen und auszuhalten waren. Ich hatte mir am Morgen noch einen Kakao und ein Croissant to go bei McCafé geholt, danach ging es mir wieder blendend und ich dachte, das waren wieder nur Vorwehen, die nichts bewirkten. Meine Hebamme sagte mir dann, dass mein Muttermund schon vier Zentimeter offen und meine Fruchblase geplatzt sei. Wie konnte ich das nicht merken? Anscheinend bin ich doch nicht so schmerzempfindlich, wie ich gedacht hab und das Köpfchen vom Kleinen war so tief, dass das Fruchtwasser gar nicht richtig rausfliesen konnte.
In dem Moment hab ich gar nicht so recht verstanden, was das bedeutet. Ich fragte sie noch, ob ich mein Auto schnell heimfahren kann, da ich im Halteverbot (wie immer) stand. Sie lachte nur und meinte, ich bekomm jetzt mein Kind, ich kann es höchstens in die Tiefgarage stellen aber sicher nicht noch Mal nach Hause fahren. Also Zack, Auto umgeparkt, unten am Empfang den Anmeldebogen ausgefüllt, damit ich ein Zimmer bekomme und versucht meinen Mann zu erreichen. Der hatte diesmal ausgerechnet sein Handy auf lautlos und lag gemütlich auf der Massagebank bei einer Behandlung. Als ich in der Reha angerufen habe und die nette Dame am Empfang ihn mit den Worten „ihre Frau bekommt jetzt ihr Kind“ aus seinen Träumen holte, fiel er fast von der Massagebank. Schnurstrax fuhr er nach Hause, packte die Kliniktasche ein, brachte unseren Hund weg und fuhr zu mir ins Krankenhaus.
Währenddessen kam ich schon in den Kreissal. Natürlich nicht in den super bequemen Klamotten, die ich mir rausgelegt hatte, sondern in unbequemen Jeans und dickem Strickpulli und ohne meine tollen Kreissaal-Essentials. Meine Hebamme meinte, wir müssen mich eventuell an den Wehentropf hängen, da sie nicht weiß, wann meine Fruchtblase geplatzt ist und man die Geburt eventuell beschleunigen müsste und fragte mich, ob ich eine PDA haben möchte, da man sie danach wahrscheinlich aufgrund der starken Wehen nicht mehr setzten kann. Ich überlegte kurz und ließ mir die PDA geben. Der Anästhesist war sehr nett und einfühlsam, ein klein wenig unangenehm war das Legen schon, aber ich würde es auf jeden Fall wieder genauso machen.
Kurz darauf kam endlich mein Mann mit der Kliniktasche im Gepäck. Ich lag gemütlich am CTG und wir merkten schnell, dass meine natürlichen Wehen ausreichen und wir keinen Wehentropf benötigen werden. Stunde um Stunde wurden die Wehen immer stärker, aufgrund von der PDA merkte ich aber nur einen leichten Druck. Mir ging es dementsprechend super und wir alberten herum, machten Fotos, sagten allen Freunden und der Familie Bescheid und aßen noch etwas. Eigentlich stellte ich mich auf eine Geburt am Abend ein, doch bereits nach drei Stunden war der Muttermund acht (von nötigen zehn) Zentimetern offen. Es ging wirklich wahnsinnig schnell.
Es wird ernst – Wenn die Presswehen beginnen
Zwei Stunden darauf übten wir schon das Pressen bei einer Presswehe. Ich erinnerte mich ganz genau an die Worte meiner Mama, dass ich beim Pressen die Augen zumachen soll, da mir sonst alle Äderchen platzen und ich aussehen werde, wie ein Zombie. Mein Mann stand hinter mir und massierte mir liebevoll den Kopf. Eigentlich dachte ich, dass ich noch ein wenig Zeit habe, aber dann ging es schon los und es hieß: Pressen, was das Zeug hält! Ich sage euch, so etwas habe ich noch nie erlebt. So ein komisches Gefühl. Ein unheimlicher Druck nach Hinten, nach Vorne, überall hin und dazu dieser Pressdrang. Manchmal darf man nicht pressen, da sich das Köpfchen im Becken drehen muss, man spürt aber diesen wahnsinnigen Pressdrang und denkt sich einfach nur: „RAUS MIT DIR!!!“ Es war ein unangenehmes Gefühl gemischt mit unglaublicher Vorfreude und dem Wissen, dass man bald sein kleines Engelchen im Arm halten kann. Die leichte Dosis der PDA, die ich am Anfang bekommen hatte, war schwächer geworden und ich merkte die Wehen stärker, doch das war gut, denn so wusste ich auch, wann ich pressen musste und konnte gut mitarbeiten. Ich dachte einfach, dass mich jede Wehe meinem Kind ein Stück näher bringt. Das Ganze ging so schnell, dass die Hebamme sogar Angst hatte, dass es der Arzt nicht mehr rechtzeitig zu uns schaffen wird. Nach knackigen zwölf Minuten durfte der Papa die Nabelschnur durchschneiden und die Mama kuscheln. Der Doc knipste die ersten Bilder fürs Familienalbum und hielt diese schöne Erinnerung fest. Eine riesige Portion Liebe verteilt auf 54 Zentimetern und 3220 Gramm. Wahnsinn! Was für ein Erlebnis. Eine Achterbahn der Gefühle und mit nichts zu vergleichen, was ich je erlebt habe.
Ich hatte mir immer eine schnelle Geburt gewünscht und Angst davor, dass ich unzählige Stunden mit Wehen im Kreissaal liegen würde und nichts passiert oder man sogar einen Notkaiserschnitt machen muss. Im Schnitt dauert die erste Geburt zehn Stunden, oft aber auch viiieeel länger. Dass die Geburt allerdings so reibungslos und angenehm abläuft, damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Dank der PDA hab ich von den Wehen nicht viel gespürt, die fünf Stunden vergingen wie im Flug und ich konnte mir meine ganze Kraft für die Presswehen aufheben, die nur zwölf Minuten dauerten. Ich war unendlich dankbar, dass mein Mann mir die ganze Zeit zur Seite stand und mich so toll unterstützt hat.
Noch eine kleine Geschichte zum Schmunzeln: Wir hatten vorher ausgemacht, dass mein Mann hinter oder neben mir stehen bleibt und mir NICHT zwischen die Beine guckt, da waren wir uns beide einig. Das hat auch ganz gut funktioniert, bis zu dem Zeitpunkt, als die Hebamme voller Euphorie meinte: „Guck mal, man sieht schon die ersten Härchen!“ Da sprang mein lieber Schatz natürlich sofort los und glotzte unten rein. Ich hab das zwar mitbekommen, konnte in dem Moment aber natürlich nichts dagegen tun, da ich damit beschäftig war dieses kleine Krümelmonster so schnell wie möglich da unten rauszudrücken. Im Endeffekt war es auch egal, ihm hat es nichts ausgemacht und diese ganze Geburtssituation war sowieso so intim, da durfte mir rein garnichts peinlich sein. Dieser Moment der Geburt hat uns sogar noch mal ein großes Stück näher zusammen gebracht.
Nach der Geburt fühlt man sich übrigens wie der stärkste und schlankste Mensch auf der ganzen Welt. Von einem auf den anderen Moment fällt der kugelrunde Bauch zusammen und man denkt, man sei total erschlankt. Die Wahrheit holt einen dann schneller ein, als einem lieb ist, aber dazu komme ich beim nächsten Mal. Wie der Aufenthalt im Krankenhaus war, ich die erste Zeit als frisch gebackene Mama erlebt habe und warum so ein kleiner Wurm das ganze Leben auf den Kopf stellt, erzähle ich euch, wie gewohnt, nächsten Sonntag.
Meine Tipps für die Geburt:
- nicht (wie ich) die Nerven verlieren, wenn man ein paar Tage über dem Termin ist, das ist meistens bei der ersten Geburt so
- sich nicht durcheinander bringen lassen, wenn es nicht so abläuft, wie geplant
- vorher Wünsche, Dos & Don‘ts für die Geburt offen ansprechen (auch wenn es dann vielleicht doch anders läuft)
- sich nicht schämen, nach einem Schmerzmittel zu fragen
- keine Angst vor der PDA haben und den Anästhesisten bitten, alles ganz langsam und mit Erklärung zu setzen
- die Augen beim Pressen unbedingt schließen
- sich immer denken, dass jede Wehe das Kind ein Stück näher bringt
Mum says
Ich habe mich gekugelt vor lauter Lachen, so ein wundervoller Bericht.
Janine says
Du hast wieder so einen tollen und liebevollen Post verfasst, es ist wirklich schön das alles zu lesen! Freue mich schon auf nächsten Sonntag
mona says
Super Bericht zur Geburt. Hab mir auch eine Pda geben lassen. Meine kleine war 10 Tage drüber und ihr ging schon überall die Haut ab 🙁
Eine Frage wo hast du entbunden und mit welcher Hebamme?
Pazi says
Liebe Mona, danke für das Kompliment. Ich hab in Augsburg im Josefinum Krankenhaus entbunden. Meine Hebamme hieß Mirela Ziaja 🙂 Alles Liebe
mona says
Danke. Du schreibst so toll. Ich kann alles in deinem aktuellen Beitrag bejahen. Schön das es nicht nur mir so geht 🙂
Du hast mit allem recht! Und duschen wird definitiv überbewertet
Nicole says
Ich lese deinen Blog soo gerne
Alina says
Liebe Pazi,
Wahnsinn – was für ein toller Beitrag.
Danke dir für die Tipps und dass du einen die Angst nimmst in ferner Zukunft schwanger zu werden.
Ganz liebe Grüße,
Alina
Lara says
Ach Pazi, dein Bericht klingt viel zu schön um wahr zu sein.
Es tut wirklich gut so etwas Schönes zu lesen. Momentan wechseln sich die Gedanken zwischen „wann geht es endlich los?“ und „ ich will nicht in den Kreißsaal!“ ab.
Ich werde versuchen so positiv wie möglich an dieses große Ereignis heranzugehen. Dein Bericht nimmt in jedem Fall die Angst!
Ich drück dich!
Alles Liebe Lara
Alice says
Wunderschön geschrieben 🙂